Immer wieder wollen (ehemalige) Mitarbeiter, ihre Direktversicherung vorzeitig kündigen. Oftmals sind finanzielle Engpässe (z.B. durch Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder auch erhöhten Konsum) der Hintergrund. Doch wie sollen Arbeitgeber hierauf reagieren, denn in jedem Fall braucht es ihre Zustimmung bzw. ihre Kündigungserklärung.
Geht es nach dem Gesetz, werden die Leistungen erst mit Erreichen des Rentenalters bzw. Versorgungsfalles ausgezahlt. Schließlich will der Gesetzgeber, dass Dank der bAV im Alter oder bei Berufsunfähigkeit eine finanzielle Absicherung besteht und stärkt sie daher. Es besteht ein grundsätzliches Abfindungsverbot. Maßgeblich kommt es darauf an, ob die Auflösung während oder nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geschehen soll, welches Risiko versichert wurde und auf die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft, vgl. § 3 Abs. 1 BetrAVG.
Ein Anspruch auf Abschluss einer Abfindungsvereinbarung besteht nicht (LAG Düsseldorf vom 13. 6. 1989 – 3 Sa 449/89). Der Arbeitgeber sollte aus unserer Sicht ausgehend vom unternehmenspolitischen Ansatz sehr zurückhaltend agieren, um sein installiertes, kommuniziertes und in den meisten Fällen beworbenes Versorgungssystem nicht zu konterkarieren. Lediglich in nachgewiesener finanzieller Notlage sollte der Arbeitgeber das Instrument der Abfindung im laufenden Arbeitsverhältnis in Erwägung ziehen.
Das Landesarbeitsgericht Bremen hat mit Urteil vom 22.06.2011 – 2 Sa 76/10 einem Arbeitnehmer im Falle eines außergewöhnlichen finanziellen Notstandes das Recht zugestanden, vom Arbeitgeber die Zustimmung zur Auflösung eines durch Entgelt finanzierten Versorgungsvertrages zu erzwingen. Dieses Urteil ist allerdings als Sonderfall zu betrachten und führt nicht zu einem flächendeckenden Aufhebungsanspruch für Versorgungsverträge. Das BAG hat mit Urteil vom 26.04.2018 – 3 AZR 586/16 überdies klarstellt, dass der bloße Geldbedarf eines Arbeitnehmers, für sich genommen keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber begründet, den Versicherungsvertrag gegenüber der Versicherungsgesellschaft zu kündigen, damit der Arbeitnehmer den Rückkaufswert erhält.
Nach unserer Einschätzung birgt eine „inflationäre“ Handhabung von Abfindungen u.U. die Gefahr, dass die steuerliche Anerkennung ausnahmsweise (rückwirkend) versagt wird, da die steuerlichen Vergünstigungen für betriebliche Altersversorgungsverträge gewährt werden. Würde in einem Unternehmen nun aber quasi jeder Vertrag vorher abgefunden und beendet werden, könnte das Finanzamt ggf. auf den Gedanken kommen, dass es sich gar nicht um betriebliche Altersversorgung, sondern um ein davon abweichendes Steuer-Sparmodell o.ä. handelt.
Auch die generellen finanziellen Folgen einer Abfindung sind zu berücksichtigen. Die Abfindung wird aus dem Rückkaufswert des Versicherungsvertrages bewirkt. Dieser liegt wegen der in jedem Vertrag einkalkulierten Kosten für das Risiko, die Verwaltung und den Vertrieb stets unter den prognostizierten und bei vollständiger Beitragszahlung möglichen Leistungen.
Ferner müssen Abfindungen steuerlich (als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EstG) und sozialversicherungsrechtlich (als Versorgungsbezüge nach § 229 SGB V) betrachtet werden. Je nach Einkommenssituation zum Zeitpunkt der Abfindung kann dies dazu führen, dass die abgabenrechtliche Belastung höher als die Ersparnis in der Ansparphase ist. Im Ergebnis kann die Abfindung im laufenden Arbeitsverhältnis dazu führen, dass durch systembedingte Minderungen die Abfindungsleistung den Aufwand deutlich unterschreitet. Dies kann seitens der Arbeitnehmer ggf. zu Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber führen, wenn dieser im Zusammenhang der freiwilligen Abfindung den Arbeitnehmer nicht umfassend und nachweisbar über die negativen Folgen der Abfindung aufklärt.
Von daher ist u.E. jedem Arbeitgeber auch mit Rücksicht auf die politisch und gesetzlich gewollten Versorgungsziele zu raten, auf die Vereinbarung von Abfindungen auch im laufenden Arbeitsverhältnis zu verzichten, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Altersrentenabsicherung oder BU-Absicherung handelt.
Zeitliche Entlastung für die Arbeitgeber: Wir beraten die Mitarbeiter unserer Kunden in solchen Fällen persönlich, telefonisch oder digital und übernehmen die Änderungsformulare und leiten die Unterlagen an das Versicherungsunternehmen weiter.